Kant und Paulus über Gesetz, Liebe und Gnade
Author
Himmelmann, BeatrixAbstract
Gesetz und Gesetzlichkeit spielen in Kants kritischer Philosophie eine hervorragende Rolle. Denn die menschliche Vernunft ist für Kant ein Vermögen der Gesetzgebung. Der Nachweis allgemein gültiger Vernunftgesetze, in denen die Menschen in all ihrer Verschiedenheit vereint sind, ist deshalb auch für Kants Ethik zentral. Er entwickelt eine Gesetzesethik. Paulus dagegen hat eine wirkmächtige Tradition der Gesetzeskritik begründet. Gegen das Gesetz, das töte, stellt er die Liebe. Sie erst befreie die Menschen. Kant setzt sich mit dieser Tradition mehrfach auseinander, weil sie ihn herausfordert. Mit Paulus einig ist er sich darin, dass das Problem nicht in der Erkenntnis dessen liegt, was das Gesetz verlangt und was gut ist. Die Menschen erweisen sich vielmehr als unfähig, dem Gesetz zu genügen und das Gute zu tun. Paulus sieht als einzige Lösung, dass wir anderswo Hilfe suchen und diese im christlichen Geist der Liebe (agápē) finden. Er komme auf uns als Gnade Gottes. Er versöhne und lasse uns Zwietracht, Feindschaft, Spaltung und Menschenhass überwinden. Kant aber argumentiert, dass die Hoffnung auf die Wirkung solcher Liebe allein der „Achtung“ für das selbstgegebene moralische Gesetz entspringen kann. In dieser moralischen Anlage, ohne die kein Mensch ist, liegt für Kant die recht verstandene Gnade.
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Springer NatureCitation
Himmelmann B: Kant und Paulus über Gesetz, Liebe und Gnade . In: Kühnlein. Religionsphilosophie nach Kant: Im Angesicht des Bösen, 2023. Verlag J. B. Metzler p. 137-156Metadata
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